Wirtschaft
Wohnidyll und Obstbaumetropole
Oberteuringen ist eine der ältesten Siedlungen im Bodenseekreis und war bis nach dem Zweiten Weltkrieg landwirtschaftlich geprägt. Die Industrialisierung des Nachbarn Friedrichshafen brachte gesellschaftliche und strukturelle Veränderungen. Obstbau en gros, Wohnen im Grünen und bunt gemischte kleine und mittelständische Betriebe bestimmen heute das Bild. Dabei hat sich die Rotach-Gemeinde eine eigene wirtschaftliche, politische und auch kulturelle Identität bewahrt.
Nach einer bewegten Geschichte entwickelte sich Oberteuringen zu einem landwirtschaftlichen Zentrum und wichtigen Umschlagplatz für die Erträge der Bauern aus der ganzen Region. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren noch rund 70 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt. Dabei war Acker- und Getreidebau bereits auf dem Rückzug, währenddessen der Obstbau an Bedeutung gewann. Schon damals wurden die Interessen der Obstbauern durch eine Ortsgruppe des Obstbauvereins wahrgenommen. Und seit etwa 1900 beschaffte ein Einkaufsverein Gerätschaften und Verbrauchsgüter wie etwa Dünger, der Vorläufer der 1921 gegründeten landwirtschaftlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft Oberteuringen e.G. (BAG). Diese übernahm neben dem günstigen Einkauf von Betriebsmitteln auch die gemeinschaftliche Vermarktung von Obst aus der Region.
Heute steht am alten BAG-Standort an der Raiffeisenstraße, die Obstgroßmarkthalle samt Verwaltung der „Obst vom Bodensee“-Vertriebsgesellschaft. Diese ging 1996 aus dem Zusammenschluss der Vebo-Frucht Verkaufsgemeinschaft in Markdorf mit der WLZ – heute BayWa AG – hervor. Von hier aus wird die Vermarktung eines Großteils der so genannten Tafelware - 15 verschiedene Apfelsorten sowie Birnen, Erdbeeren, Kirschen und Pflaumen – aus neun mit modernster Sortier- und Verpackungstechnik ausgestatteten Obstgroßmärkten in der gesamten nördlichen Bodenseeregion zentral gesteuert. Auf den Flächen der der Genossenschaft zugerechneten Betriebe wurden heuer rund 220.000 Tonnen Äpfel geerntet. In 2003 waren es noch 200.000 Tonnen – ein Zuwachs um zehn Prozent. Werktäglich verlassen durchschnittlich 33 voll beladene Lkws die Abpackstationen und beliefern den gesamten deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Rund zehn Prozent der Erntemenge wird in west- und osteuropäische Länder transportiert.
Die Industrialisierung Friedrichshafens zu Beginn des 20. Jahrhunderts warf ihre Schatten auch auf den nördlichen Nachbarn. Zum einen brachte sie eine grundlegende Strukturänderung, die in der Folge zu einem starken und nachhaltigen Rückgang der in der Oberteuringer Landwirtschaft tätigen Erwerbsbevölkerung auf heute acht Prozent führte. Gleichwohl der Obstbau immer wichtiger wurde und der Obstgroßmarkt heute eine sehr bedeutende Stellung in der Bodenseeregion einnimmt, gab es schon 1970 lediglich noch 140 Haupterwerbsbetriebe. Davon existieren heute nunmehr rund 30.
Zum anderen rekrutierten die Häfler Unternehmen verstärkt Arbeitskräfte aus dem Umland, was 1922 den Ausschlag gab für den Bau der Teuringer Talbahn. Ein Erfolg freilich wurde sie nicht – sie durchlebte einige Turbulenzen, wurde eingestellt und wieder in Betrieb genommen. Der Personenverkehr blieb stets unbedeutend, allein in den Erntezeiten wurde viel Obst und andere landwirtschaftliche Produkte transportiert. Dann, 1960, wurde der ÖPNV und 1964 schließlich auch der Güterverkehr endgültig stillgelegt.
Auch heute noch liegen die Arbeitsplätze der Oberteuringer Bürger im Wesentlichen in den benachbarten Städten Ravensburg, Friedrichshafen und auch Immenstaad. Vor allem junge Menschen und Familien ziehen es immer mehr vor, im Grünen zu wohnen und in die „Arbeitsplatzmetropolen“ zu pendeln. In 2002 wies das statistische Landesamt genau 1331 Auspendler aus. Demgegenüber stehen lediglich 424 Einpendler. In den vergangenen zehn Jahren verzeichnete die Gemeinde – entgegen dem Bundestrend – ein überproportionales Bevölkerungswachstum von zehn Prozent auf heute rund 4700 Einwohner. Oberteuringen ist im Regionalplan Bodensee-Oberschwaben ein ausgewiesener Siedlungsschwerpunkt. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Folgerichtig hat der Gemeinderat in den vergangenen Jahren immer wieder neue Baugebiete ausweisen und besiedeln können. Jüngstes Projekt war das Sanierungsgebiet „West I“. Dabei handelt es sich um das ehemalige Bahnhofsgelände der Teuringer Talbahn in unmittelbarer Nähe des Obstgroßmarkts. Hier entstanden nach einem Mischkonzept Gewerbeflächen, vor allem für Dienstleistungsunternehmen, und Wohnraum für 600 Menschen. Und ab dem kommenden Jahr wird gemeinsam mit der Stiftung Liebenau ein bislang in der Bodenseeregion einzigartiges Wohnkonzept für Jung und Alt mit zirka 20 Wohnungen realisiert. Standort der geplanten Anlage ist das Areal um die alte „Mühle, ein Kleinod aus dem 15. Jahrhundert, das pünktlich zur 1250-Jahr-Feier Oberteuringens in 2002 umgebaut und saniert worden war. Die Mühle ist gleichsam der kulturelle Mittelpunkt der Gemeinde mit einer bunten Mischung aus Kleinkunst, Konzerten und Autorenlesungen bis hin zu Ausstellungen, veranstaltet vom Kulturkreis Oberteuringen.
Freilich verfügt Oberteuringen über eine ausreichende Infrastruktur, die die Grundversorgung der Bevölkerung sicherstellt. Dazu zählen ein Edeka-Vollsortimenter, Bäckereien und Metzgereien, verschiedene Arztpraxen und andere. Darüber hinaus gibt es einen katholischen und einen kommunalen Kindergarten und eine Grundschule. Weiterführende Schulen gibt es in Ailingen, Friedrichshafen, Markdorf oder Tettnang. Zudem erfreuen sich zahlreiche Sporteinrichtungen einschließlich einer Skateanlage größter Beliebtheit.
Also hat sich die Rotach-Gemeinde zu einem beliebten Wohnort gemausert. Dennoch, auf eines legt Bürgermeister a. D. Karl-Heinz Beck besonderen Wert: „Oberteuringen ist nicht das Schlafgemach Friedrichshafens“. Vielmehr hat sich der Ort mit seinen Teilorten Hefigkofen, Neuhaus und Bitzenhofen, Unterteuringen und Rammetshofen in gesellschaftlicher wie wirtschaftlicher Hinsicht eine eigene Identität bewahren und ausbauen können. Das Rückgrat der lokalen Gewerbestruktur bilden seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts vor allem handwerkliche und mittelständische Unternehmen. Auch der Einzelhandel gewinnt zunehmend Gewicht.
Den Wirtschaftsstandort Oberteuringen behutsam auszubauen, einen ausgewogenen Branchenmix zu fördern und im Bereich „Hightech“ und Dienstleistung weiter an Profil zu gewinnen ist ein wichtiges Ziel der Kommunalentwicklung und mithin Chefsache.
Sprachrohr der lokalen Wirtschaft aus Handwerk, Handel und Gewerbe ist der 1998 gegründete Verein „Teuringer Wirtschaft e. V.“, der als Bindeglied zwischen den Unternehmen, der Gemeinde und der WFG fungiert. Er veranstaltet etwa PR-Aktionen und Leistungsschauen wie den alle zwei Jahre stattfindenden „Tag der Wirtschaft“, um den Wirtschaftsstandort Oberteuringen und seine Betriebe über die Grenzen der Gemeinde hinaus bekannt zu machen.
Zu den Aufgaben kommunaler Wirtschaftsentwicklung gehört es auch, bestehenden Betrieben – freilich unter Berücksichtigung ökologischer Interessen – Entfaltungsmöglichkeiten und neuen Ansiedlungen Raum zu bieten und so Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Die Teuringer Firmen belegen derzeit eine Fläche von rund 23 Hektar. Weitere befinden sich derzeit zwar nicht in kommunaler Hand, doch unterstützt die Gemeindeverwaltung interessierte Unternehmen, vorzugsweise aus dem Gewerbe- und Dienstleistungssektor, bei Verhandlungen mit Privateignern. Nachfrage ist vorhanden – daher ist Bürgermeister a. D. Beck bestrebt, in absehbarer Zukunft weitere Gewerbeflächen zu erschließen.
Die größeren Betriebe sind entlang der Bundesstraße 33 zwischen Hefigkofen und Bitzenhofen angesiedelt. Dazu zählen unter anderen Schrodi Fensterbau, das Autohaus Waltner gleich daneben oder das vor 50 Jahren gegründete Logistikunternehmen Vöhringer. Im Gewerbegebiet Neuhaus, das sukzessive ausgeweitet werden soll, haben Firmen unterschiedlichster Branchen ihren Sitz. So befindet sich hier eine Filiale der Duffner Landtechnik GmbH & Co. KG. Seit 1988 entwickelt und baut die Ihse GmbH mit mehr als 15 Mitarbeitern am Standort Oberteuringen-Neuhaus für eine internationale Klientel so genannte Extender. Weitere Nachbarn sind die Firma Schwimmbadbau Glatz GmbH sowie seit 1989 eine Niederlassung des internationalen Kurierdienstes United Parcel Service (UPS). In dem Logistikzentrum sind rund 75 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit beschäftigt; werktäglich schwärmen mehr als 60 der braunen Transporter aus, um ihre Fracht in der Region zu verteilen.
Durch die klimatisch begünstigte Lage inmitten blühender Obstgärten und Natur- und Vogelschutzgebieten wie die Altweiherwiesen ist Oberteuringen freilich auch für Erholungssuchende und Urlauber von Interesse. Tatsächlich trägt die Gemeinde das Prädikat „Staatlich anerkannter Erholungsort“. Obwohl der Tourismus wirtschaftlich „kein dominanter Faktor“ ist, nutzen immer mehr Gäste – in 2004 wurden rund 37.000 Übernachtungen gezählt – das private und gewerbliche Angebot an Ferienquartieren im schönen „Teuringer Tal“. Dazu gehören neben Hotels und Pensionen vor allem Ferienwohnungen, auch auf den Bauernhöfen, sowie ein neuer Campingplatz. In den 70er Jahren entstand oberhalb Bitzenhofens ein Ferienzentrum samt einer Feriensiedlung. Entgegen der ursprünglichen Planung werden die Appartements allerdings überwiegend von den Eigentümern als Feriendomizil oder Zweitwohnsitz dauerhaft genutzt.
Ein großes Anliegen ist es, den Unternehmen professionelle Hilfe zu geben.
Aus diesem Grund hat die Gemeinde im Jahr 1995 zusammen mit der Stadt Friedrichshafen und weiteren Gemeinden und Unternehmen im östlichen Bodenseekreis die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Region Friedrichshafen mbH gegründet, heute Wirtschaftsförderung Bodenseekreis GmbH. Sie ist Ansprechpartner in allen Fragen der Wirtschaftsentwicklung.
Als örtlicher Interessenvertreter der Wirtschaft wurde im Jahr 1998 der Verein „Teuringer Wirtschaft“ aus der Taufe gehoben.
Als Sprecher der Wirtschaft in Oberteuringen ist der Verein Bindeglied zwischen den Unternehmen, der Gemeinde und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Durch eigene Veranstaltungen wie z.B. Leistungsschauen und PR-Aktionen macht die „Teuringer Wirtschaft“ Betriebe und Einzelhandel über die Grenzen der Gemeinde hinaus bekannt.