Herz der Gemeinde wird Ort der Begegnung
Feierliche Einweihung für ein bedeutendes Projekt: Das Haus am Teuringer in Oberteuringen, Bachäckerstraße 5-7, wurde am 8. Juni 2018 im Beisein von rund 200 Gästen eingeweiht. Mit 14,2 Millionen Euro ist es das größte Projekt, das die 5000-Einwohnergemeinde im Bodenseekreis je gestemmt hat. Das Haus ist modern, hell, einladend und inklusiv: Das Herzstück der Gemeinde soll nun zum Ort der Begegnung für alle werden.
Sechs Jahre Bauzeit brauchte das Mammutprojekt aus Wohngebiet und sozialen Einrichtungen. Das Haus am Teuringer im Mittelpunkt wurde in zwei Jahren fertiggestellt. Es beherbergt den Marktplatz mit Mediathek, das Büro und Räume für die Gemeinwesenarbeit, ein Café, einen Kindergarten für Kinder zwischen ein und sechs Jahren, den Familientreff, ein Bildungs-, Begegnungs- und Förderzentrum (BBF) für die Tagesstruktur von zwölf Menschen mit Behinderung sowie 20 Wohnungen nach dem Konzept Lebensräume für Jung und Alt. Bürgermeister Ralf Meßmer stellte die jeweiligen Einrichtungen mit ihren Leitungen und Verantwortlichen vor.
Projekt mit Vorbildcharakter
Was im Zentrum von Oberteuringen entstand, kann sich nicht nur sehen lassen, es hat Vorbildcharakter. Bürgermeister Meßmer dankte Vorgänger Karl-Heinz Beck, der das Projekt mit seinem Weitblick vorantrieb. „Du hast es geschafft, zusammen mit dem Gemeinderat, dem richtigen Partner Stiftung Liebenau und den Mitarbeitern.“
Beck schilderte den Gästen die Ausgangslage und Entstehung. Er zitierte Victor Hugo: „Aber nichts ist so stark wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist“. In Oberteuringen war die Zeit gekommen, soziale Strukturen zu schaffen. Eingeführt waren bereits die Lebensräume für Jung und Alt dank „hervorragender Gemeinwesenarbeit durch die Stiftung Liebenau“. Mitinitiiert hatte sie Gerhard Schiele, der ehemalige Geschäftsführer der Liebenau Leben im Alter, folgerichtig sei daher gewesen, dass es weitere Wohnungen dieser Art brauchte. Parallel gab es zudem eine hohe Nachfrage nach Bauland. Hinzu gab es die UN-Behindertenrechtskonvention, die es Menschen mit Behinderung ermöglichen will, inmitten von Gemeinden und Städten zu leben und zu arbeiten. Sechs Hektar Fläche wurden für das kommunale Rundum-Vorhaben im Bachäcker erworben.
Vertrauensvolle und langjährige Zusammenarbeit
Sowohl städtebauliche als auch soziale Anforderungen sollten bei dem Projekt Raum bekommen. Dazu gehört heute ein Haus der Pflege für 45 Senioren, das „nicht von der Stange“ sein sollte, wie Beck ausdrücklich erwähnte, sowie Wohnraum für 18 Menschen mit Behinderung und dem BBF für eine Tagesstruktur von zwölf Menschen mit Unterstützungsbedarf. Diese beiden Einrichtungen hat die Stiftung Liebenau gebaut. Die Stiftung und Oberteuringen pflegen seit vielen Jahren eine intensive Partnerschaft. „Die Idee ist hier in der lebendigen Gemeinde Oberteuringen auf fruchtbaren Boden gestoßen“, meinte Dr. Berthold Broll, Vorstand der Stiftung Liebenau. Es mache Freude, wenn man so miteinander arbeitet, bezog er sich auf die Entwicklung und Umsetzung. Oberteuringen habe mit dem Projekt Vorzeigecharakter und Strahlkraft, lobte er.
Die Gemeinde hat seit 2015 selbst eine Stelle für die inklusive Weiterentwicklung der örtlichen Strukturen eingerichtet. Aufgabe der Inklusionsbeauftragten ist es, die örtlichen Einrichtungen und Vereine in Bezug auf die erweiterte Vielfalt (viel Neubürgerinnen und Bürger, Menschen mit Beeinträchtigung) zu informieren, mit ihnen Konzepte für das Miteinander zu entwickeln und durch gemeinsame Projekte Inklusion lebendig werden zu lassen. Dadurch können bereits frühzeitig die für das geplante Quartiersmangagement wichtigen Kontakte zur Bürgerschaft geknüpft werden.
Für Gemeinwesenarbeit und Quartiersmanagement ist im Büro für Gemeinwesenarbeit im Haus am Teuringer künftig eine enge Zusammenarbeit zwischen Inklusionsbeauftragter der Gemeinde und Gemeinwesenarbeit der Stiftung Liebenau geplant.
Wissenschaftliche Begleitung
Wissenschaftlich begleitet hat das Projekt Prof. Dr. Sigrid Kallfass von den Steinbeis-Transferzentren Sozialplanung, Qualifizierung und Innovation. Das Vorhaben habe einen interessanten Dialog hervorgebracht, so Beck. Verschiedene Denkschulen seien aufeinander getroffen, es sei kontrovers um verschiedene Ansätze gerungen worden. Aber die Auseinandersetzung habe sich gelohnt, so Beck, dem die Freude über das gelungene Zentrum in der Gemeinde anzusehen war. Gemeinderat und die Mitarbeiter wusste er während der gesamten Projektphase immer geschlossen hinter dem Projekt.
Gefragtes Vorhaben
Bei einer zweistufigen EU-weiten Ausschreibung sorgte die Resonanz mit 60 Architekturbüros für große Überraschung bei den Verantwortlichen. Das Architekturbüro Ernst in Stuttgart habe als Preisträger überzeugt und inhaltliche Vorgaben sensibel städtebaulich umgesetzt. Auch mit dem Haus der Pflege und dem Gemeinde integrierten Wohnhaus für Menschen mit Behinderung habe es ein städtebauliches Ausrufezeichen gesetzt. Dass das Haus am Teuringer von der Projekt GmbH in Esslingen als zweiter Sieger gebaut wurde, hatte den Hintergrund, dass das Büro Ernst bereits den Bau des Hauses der Pflege und des Gemeinde integrierten Wohnhauses übernommen hatte. Zusammen mit dem Haus am Teuringer wäre die Riesenaufgabe von einem Büro nicht zu meistern gewesen.
Das Projekt habe man auch wagen können, weil die Mitarbeiter der Gemeinde hochmotiviert und engagiert seien. Es verlangte ihnen – allen voran den Amtsleitern Rainer Groß, Werner Wetzel, Hansjörg Langegger – hohen Einsatz ab, den sie mit qualitativ hochwertiger Arbeit und Durchhaltevermögen meisterten.
„Es ist eine Spitzenleistung in Qualität und Quantität“, lobte Beck. Die vielen Termine waren zeitintensiv, aber in den Zielen sei man sich immer einig und die Treffen immer konstruktiv gewesen, versicherte er. Auch aus der Bürgerschaft kam von Anfang an große Zustimmung.
Gemeinde mit Mehrwert
Landrat Lothar Wölfle bekräftigte in seinem Grußwort: „Es ist ein enormer Mehrwert für Gemeinde.“ Dass Bürgermeister Meßmer unbeabsichtigt aus lesehungrigen, lebenshungrige Menschen gemacht habe, fand er vollkommen passend. Er wünsche sich, dass auf dieser „Plattform für alle“ Lebenshungrigkeit gelebt werde. Auch die enge Zusammenarbeit mit der Stiftung Liebenau mache Projekte besonders. Der Bodenseekreis als Musterlandkreis habe in einem Modellprojekt im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes zusammen mit der Stiftung Liebenau die Chance, zu lernen, wie das Zusammenleben verschiedenster Menschen mit und ohne Behinderung funktionieren kann. Mit Oberteuringen wünscht er sich weiterhin eine gute Zusammenarbeit unter anderem über den Familientreff. Die Personalkosten der Leitung werden vom Landkreis finanziert.
Umfassende Aufgaben der Architekten
Beeindruckend waren die Ausführungen von Christian Stierle, Geschäftsführer der Project GmbH. Die Aufgaben von Architekten seien vielschichtig mit Kreativität, der Auseinandersetzung mit dem technisch Machbaren und dem Finanzrahmen, der Werk- und Detailplanung, aber auch dem Finden der richtigen Firmen. Für das Haus am Teuringer inklusive Tiefgarage seien 650 Tonnen unsichtbarer Baustahl verarbeitet worden. Das entspreche einem Würfel von 4,5 Metern Kantenlänge oder 650 Pkw.
Segnung des Hauses aller Oberteuringer
Die Pfarrer Rainer Baumann und Robert Müller segneten das Haus. Am Anfang stehe immer die Idee. Vor 30 Jahren sei etwa Inklusion Utopie gewesen, heute sei sie weitgehend Selbstverständlichkeit. Auch das Haus am Teuringer sei vor einigen Jahren noch Utopie gewesen und ist heute Realität. Menschlichkeit und Herzlichkeit sollen die Atmosphäre des Hauses prägen, so der Segen.
Das Gemeinde- und Vereinsleben in Oberteuringen ist lebendig: Eine Abordnung des Musikvereins gestaltete den musikalischen Rahmen der offiziellen Einweihung.